2020 durften Restaurants in Krefeld kurzzeitig wieder Gäste empfangen. Die dabei einzuhaltenden Auflagen zur Reduktion der Corona-Ansteckungsgefahr erlaubten es den Gastronomen jedoch nicht, ihre Sitzplätze voll zu belegen und ließen auch, was die atmosphärische Gestaltung der Lokale angeht, kaum Spielraum. Der Krefelder Joachim Watzlawik hat mit „Draußen vor der Tür“ eine Initiative ins Leben gerufen, die Musikern eine Bühne gibt und gleichzeitig Gastronomen monetär unterstützen soll: „Alle stehen unter Druck. In den Lokalen geht nix. Da habe ich überlegt: Wo kann man überhaupt etwas machen? Eben nur draußen. Und dann fiel mir der Titel von Wolfgang Borcherts bekanntem Theaterstück ein, das fand ich passend“, beschreibt Watzlawik fröhlich. „Ich bin in einer sehr privilegierten Lage, weil ich keine existenziellen Probleme habe. Deshalb wollte ich gerne etwas Sinnvolles tun. Die ersten Abende haben vor dem Café AnGoLo stattgefunden, das war echt toll, eine gute Atmosphäre. Es melden sich auch immer mehr Musiker, die mitmachen wollen.“Als Kind der Innenstadt kennt Joachim Watzlawik Krefeld nicht nur wie seine Westentasche, sondern bekennt sich auch liebevoll zur viel kritisierten City. „Ich bin geboren auf der Königstraße, gegenüber der Königsburg. Ich war immer hier und habe eigentlich immer irgendwas gemacht. Ursprünglich bin ich Industriekaufmann und habe bei der Verseidag gelernt. Über die ehrenamtliche kirchliche Jugendarbeit bin ich irgendwann in den sozialen Sektor gekommen und habe gemerkt, dass mir das viel mehr liegt. Dann habe ich Heil- und Sozialpädagogik studiert und später 25 Jahre lang mit erziehungsschwierigen Jugendlichen gearbeitet“, erläutert Watzlawik rückblickend. Die Organisation gemeinnütziger und kultureller Projekte ist für den Krefelder ebenfalls kein Neuland. Vor beinahe 20 Jahren gründete er den Kultur.Punkt Friedenskirche. „Ich war immer schon kulturell verknüpft. Irgendwann suchte die Friedenskirche einen Sozialpädagogen, der den Schwerpunkt Kulturarbeit machen sollte. Ich hatte als Kind vor der Friedenskirche Fußball gespielt, das Angebot war für mich also ziemlich spannend. Die dortige Kulturarbeit ist sozusagen mein Kind“, berichtet der engagierte Ur-Krefelder, der wenige Jahre später auch das Flüchtlingsprojekt Café Sarah aus der Taufe hob.Eines der jüngsten Projekte des umtriebigen Kulturfans sind die „Mittendrin“-Mittwochskonzerte in Kooperation mit dem Café Paris zwischen Theater und Mediothek. An den neuen Gastrokonzerten wirkt Watzwalik nicht nur organisatorisch, sondern auch musikalisch mit. Als ehemaliger Vorsitzender des Krefelder Jazzklubs und aktives Mitglied in zwei Bands pflegt der Hobbymusiker noch einen regen Kontakt zur lokalen Bandszene und nutzt die Reihe „Draußen vor der Tür“ dazu, sich für die Jackpot Bluesband und das Trio Flieger selbst regelmäßig an Schlagzeug und Percussions auszutoben. Seine Motivation ist die Leidenschaft für das Gemeinschaftserleben. „Es geht bei diesem Projekt um Lebensqualität. Es gibt ganz viele Argumente für eine solche Aktion – die sind auch egoistisch, weil ich mir meine Lebensqualität erhalten will“, schmunzelt Watzlawik, der auch heute in der Innenstadt wohnt. „Und von nix kommt nix. Man muss schon selber den Hinternhochkriegen.“ Von der Idee bis zur Umsetzung des ersten Konzertabends brauchte der 65-Jährige in 2020 gerade mal eine Woche. Nun plant er das nächste Event für dieses Jahr, in der Hoffnung, dass die Pandemie das zuletzt. Wer in den kommenden Wochen Stimmengewirr und fröhliche Melodien durch die warme Abendluft der Innenstadt wabern hört, weiß nun, dass es wieder Zeit ist, es sich gut gehen zu lassen, draußen vor der Tür – da ist es jetzt ja ohnehin am schönsten.